Thema 1 - Mit der Diagnose umgehen
1.1 Auswirkungen der Zöliakie und der glutenfreien Ernährung auf das Wohlbefinden
Zu Beginn kann eine Diagnose verschiedene Reaktionen bei den Betroffenen auslösen: von totaler Erleichterung bis hin zu Wut und Verzweiflung. All diese Gefühle - egal ob positiv oder negativ – sind in der ersten Zeit völlig normal und gehören zur Verarbeitung der neuen Situation dazu.
Vor der Diagnose fragen sich viele Betroffene, was die Ursache ihrer teils seit langem bestehenden gesundheitlichen Beschwerden ist. Manche haben vielleicht auch schon einen Spießrutenlauf an Arztbesuchen, Untersuchungen und Behandlungsversuchen hinter sich. Wenn endlich die Diagnose Zöliakie ausgesprochen wird, fühlen sich die meisten zunächst erleichtert (siehe Abbildung 1). Endlich kennen sie den Grund für Ihre Symptome. Die Umstellung auf eine streng glutenfreie Ernährung kann in diesen Fällen oft besser akzeptiert werden, vor allem, wenn sich die Person dadurch schnell besser fühlt. Auch das Wissen, dass die Behandlung keine Medikamenteneinnahme oder Operationen erfordert, macht es für viele einfacher.
Nichts desto trotz empfinden manche Patienten auch Wut und Enttäuschung – besonders wenn es länger gedauert hat, bis die Zöliakie erkannt wurde und sie einen langen Leidensweg hinter sich haben.
Direkt nach der Diagnose beginnen fast alle Betroffenen auch zu realisieren, welche Umstellung und Einschränkung die glutenfreie Ernährung für ihr alltägliches Leben bedeuten kann. Vor allem Jugendliche und junge Erwachsene haben damit zu kämpfen, denn sie haben einen großen Freiheitsdrang, wollen sich nicht einengen lassen und in ihrer Altersgruppe „dazugehören“. Auch Patienten, bei denen die Zöliakie vor der Diagnose kaum Beschwerden verursacht hat, fällt es oft schwer, sich an die glutenfreie Ernährung zu halten.
Mit der Zeit akzeptieren aber die meisten Betroffenen die neue Situation und haben den glutenfreien Alltag problemlos im Griff. Sie beschreiben die eigene Lebensqualität als gut oder sehr gut. Die Akzeptanz der Zöliakie und der neuen Ernährungsweise ist dafür ein wichtiger Schlüssel.
Umgang mit der glutenfreien Ernährung im sozialen Umfeld
Die meisten Betroffenen lernen mit der Zeit die glutenfreie Ernährung problemlos in ihr Leben zu integrieren. Verschiedene Untersuchungen zeigten aber, dass die Einhaltung der Diät manche Patienten so stark unter Druck setzen und verunsichern kann, dass sie Ängste und Depressionen entwickeln. Sie meiden deshalb häufig soziale Situationen, die mit Essen in Verbindung stehen, also beispielsweise Restaurantbesuche, Feste und Essenseinladungen von Freunden. Manche fürchten sich vor den Reaktionen der anderen Gäste oder des Gastgebers und es ist ihnen unangenehm, „Umstände“ zu machen. Andere haben vielleicht auch schon negative Erfahrungen in diesem Zusammenhang gemacht und wurden dadurch verunsichert. Bei manchen der Betroffenen ist das Vermeidungsverhalten so ausgeprägt, dass sie fast allen sozialen Kontakten aus dem Weg gehen. Diese Patienten sind aufgrund ihrer persönlichen Situation auch eher gefährdet, Depressionen zu entwickeln. Je besser die Betroffenen mit der glutenfreien Ernährung umgehen können und je sicherer sie sich selbst damit fühlen, desto besser können sie auch diese Situationen handhaben. Die eigene Persönlichkeit und das Selbstbewusstsein spielen dabei ebenfalls eine maßgebliche Rolle.
Lebensqualität
Untrennbar mit dem sozialen Leben verbunden ist die persönliche Lebensqualität.
Wie schon erwähnt bewerten viele Menschen mit Zöliakie ihre Lebensqualität trotz - oder gerade wegen – der glutenfreien Ernährung als sehr gut. Sicher erleben auch sie immer wieder Einschränkungen im Alltag, zum Beispiel wenn die Bestellung im Restaurant trotz ausführlicher Information des Kellners schief gegangen ist. Aber im Großen und Ganzen sehen sie ihre Situation positiv: sie haben ihre Ernährung und damit die Beschwerden im Griff – und fühlen sich deshalb alles in allem sehr wohl. Anderen Betroffenen fällt das nicht so leicht - sie sind oft unzufrieden und fühlen sich in ihrem Wohlbefinden beeinträchtigt.
Auch hier gilt: die erfolgreiche Durchführung der glutenfreien Diät ist nur ein Baustein und sie können nicht alle Faktoren beeinflussen, die sich auf die Lebensqualität auswirken (Abbildung 2). Was Sie aber selbst in der Hand haben ist Ihre eigene Einstellung!

Abildung 2: Faktoren der Lebensqualität
(Quelle: FocusINCD mit Informationen von Burger et al. 2017)
Je besser Sie lernen mit Zöliakie umzugehen, desto weniger wird die Erkrankung Ihr Leben kontrollieren – sondern Sie werden die Kontrolle über Ihre Erkrankung erlangen!
Für verschiedene Lebenssituationen gibt es unterschiedliche Bewältigungsstrategien, die beim Umgang mit Zöliakie helfen können.